Recht und Arbeitssicherheit
Der Arbeitsunfall ist für alle teuer.
Im Saal des Kursaals Bern trafen sich 350 Teilnehmer, Inhaber, Geschäftsführer, Sicherheitsbeauftragte von Firmen und Verwaltungen um dem Schauprozess zu folgen.
Schwer und einmütig verkündete die Gerichtspräsidentin das Urteil des im Prozess gegen den Firmenchef von Meister & Söhne AG, Hans Meister, den Sicherheitsbeauftragten Sandro Martin (Lagerchef und Sicherheitsbeauftragter des Betriebs) und Lukas Lambert (Staplerfahrer). Die Firma war bezüglich der Organisation und Sicherheit ungenügend aufgestellt. Alle waren am schweren Unfall beteiligt, durch den das Leben des der 17 jähriger David Garcia nach einem vier Meter Sturz, dramatisch verändert wurde. Und alle haben sowohl im Strafrecht wie auch zivilrechtlich schwer bezahlt.
Der fiktive Prozess, organisiert durch die Suva im Rahmen der Kampagne „Lehrlinge – sichere Lehrzeit“, bezog sich auf reale Situationen. Die wirkliche Gerichtspräsidentin Barbara Hunkeler präsidierte die Verhandlung mit R. Zenori, Anwalt des Geschädigten, und den drei echten Anwälte M. Spielmann für Hans Meister, P. Thomann, Anwalt von L. Lambert und M. Meier für S. Martin. Am Schluss der Plädoyers, hat der logische Charakter der Verurteilung keine Zweifel offen gelassen. Der reelle Prozess wäre zum gleichen Resultat gekommen, das hat die Teilnehmer an diesem „Event Gericht 2017“ stark beeindruckt. Es hat ihnen gezeigt, wie gross die Risiken sind, wenn man gefährliche Situationen am Arbeitsplatz toleriert.
Der Unfall
An diesem Morgen, hatte man bei der Firma Meister AG einen grossen Auftrag, der dringend ausgeliefert werden musste. Der Lehrling hatte am Vorabend noch ein Fest mit Kollegen gehabt. Er ist zu spät gekommen, müde und noch alkoholisiert und wurde zurechtgewiesen. Durch den Zeitdruck hat ihn der Gabelfahrer trotz den Einschränkungen genötigt, auf eine Palette auf dem Gabelstapler zu steigen, um Material auf einem Regal in vier Metern Höhe zu holen. Ein gefährliches und verbotenes Manöver, das er trotz den Ermahnungen des Koordinators ausführte. Das Opfer hatte das Gleichgewicht verloren und ist auf den Boden gefallen. Er brach sich das Becken und war daraufhin ab dem 12. Brustwirbel gelähmt. Somit war seine Hoffnung auf eine Karriere als Radrennfahrer mit einem Schlag genommen worden. Er leidet unter Schmerzen und bleibt für den Rest des Lebens gelähmt.
Die Untersuchung hat festgestellt, dass der Inhaber und der Sicherheitsbeauftragte wusste, dass Martin das üblicherweise machte um seine Arbeit schneller zu erledigen und tolerierten das Verhalten. Keiner der beiden hatte reagiert um dieses Verhalten zu unterbinden, der Inhaber hatte sich sogar verweigert dem Magaziner eine Staplerfahrer Ausbildung zu bezahlen. Der Koordinator hatte seine Verantwortung nicht wahrgenommen, weil er wirksame Massnahmen um das Verhalten von S. Martin, seine Kollegen in Gefahr zu bringen zu verhindern, unterlassen hat.
Ein Unfall kostet immer mehr in Zeit, in Geld und in diversen Abklärungen, als die Massnahmen, die dies verhindern könnten. Dies haben alle verstanden. Die drei Verantwortlichen wurden im Strafgericht unbedingt und mit strengen Auflagen verurteilt. Der Magaziner L. Lambert der die Vorschriften gravierend missachtet hat wurde zu 150 Tagsätzen (à 40 CHF also 4800 CHF) bedingt und einer Strafe von 500 CHF und 7'800 CHF Gerichtskosten verurteilt. Der Inhaber Hans Meister wurde zu 120 Tagessätzen (à 300 CHF der Tag) also 36'000 CHF bedingt verurteilt sowie zu einer Strafe von 9'000 CHF und Gerichtskosten von 4'557 CHF. Der Sicherheitsbeauftragte L. Lambert, der seine Verantwortung nicht wahrgenommen hat unter dem Druck der Forderungen seines Chefs, ein mittelmässiges Sicherheitsempfinden hatte und einen einfachen MItarbeiter nötigte, die Normen und Verbote zu ignorieren um Zeit einzusparen, wurde zu 60 Tagen (3'600 CHF) bedingt und zu 2'435 CHF Gerichtskosten verurteilt.
Im Zivilprozess wurde die Firma zu 540'000 CHF Genugtungskosten an den Lehrling verurteilt. Der Koordinator und S. Martin müssen dem Geschäft 20% und 50 % der Genugtuung, die die Firma bezahlen hat, also 106'000 CHF und 2'645'000 CHF übernehmen. Dies sind grosse Summen, die den Schaden des Opfers nicht decken.
Müde und alkoholisiert, war der Lehrling nicht in der Form um zu arbeiten und wäre besser zu Hause geblieben. Dieser Zustand hinderte ihn daran „STOP" zu sagen zum gefährlichen Auftrag von L. Lambert, wie es die Suva empfiehlt. Nachdem er gesehen hat , dass die Anwesenheit am Arbeitsplatz, durch diesen Unfall, ein Fehler war, hat die Präsidentin des Zivilgerichts die Genugtuung auf die er Anrecht hätte um 20% reduziert, womit ihm immer noch mehr als 106‘000 CHF bleiben.